Ein Jahr im El Paraiso Verde in Paraguay – ein Erfahrungsbericht
„Seit dem 6. November 2020 leben meine Frau und ich nun in Paraguay. Seit einigen Wochen ist auch einer meiner beiden Söhne aus Deutschland dauerhaft hier her ausgewandert.
In Deutschland war ich über 36 Jahre lang Heilpraktiker in einer eigenen Vollzeit-Praxis, die ich vor 23 Jahren von meinem Vater übernommen hatte. Meine Frau, als examinierte Krankenschwester, begleitete mich dabei als eine unverzichtbare Hilfe. Als sich jedoch schon vor Jahren abzeichnete, dass die Ausübung der Naturheilkunde in Deutschland durch Heilpraktiker von Ärzteverbänden und Politikern zunehmend eingeschränkt und damit bedeutungslos werden soll, haben wir uns nach einer alternativen Lebensform in Freiheit umgeschaut und sind hier in Paraguay auch fündig geworden…
Nach Erfahrungen in der eigenen Familie im europäischen Ausland war mir bereits im Vorfeld klar, dass ein solches Vorhaben, soll es denn nicht zu einem unkalkulierbaren Abenteuer ausarten, nur in einer wirklich tragfähigen Gemeinschaft gelingen kann. In einem fremden Land, in einer fremden Sprache und ohne die – vermeintliche – deutsche Rechtssicherheit, wollte ich dort nicht der Willkür und Begehrlichkeit anderer zum Opfer fallen.
So half mir auch der Vorstand von Reljuv und deren Berater von Anfang an bei der Beschaffung der notwendigen Informationen und Hinweise zum Ablauf der Auswanderung. Themen wie der Geldtransfer, mögliche Investitionen, aber auch Einreisebestimmungen nach Paraguay waren Gegenstand einiger Skype-Gespräche und machten Lust und Mut zu der dann beeindruckenden 8-tägigen Investorenreise im September 2019.
Die anschließende politische Entwicklung in Deutschland drängten uns dann schon vor den einschneidenden Corona-Maßnahmen im Dezember 2019 zu der Entscheidung, bis Ende 2020 alles Besitztum in Deutschland zu verkaufen und endgültig auszuwandern.
Im EPV angekommen, wurden wir sofort von vielen Bewohnern herzlich empfangen und für eine Unterkunft in einem selbst für europäische Maßstäbe modernen Neubau-Apartment war bereits gesorgt. Was es damals hier im Gegensatz zu heute nicht gab, war eine ausreichende medizinische Versorgung, und so bauten wir nach Erhalt unseres Umzugscontainers zügig unsere Naturheilpraxis im kleineren Maßstab wieder auf. Auf diese Weise unterhielten wir von Anfang an einen direkten und herzlichen Kontakt zum gesamten Vorstand der Reljuv und konnten so wohl auch einen Beitrag leisten.
Nach dann nur fünf Monaten Bauzeit bezogen wir unser neues, nach eigenen Vorstellungen geplantes und von den einheimischen Mitarbeitern der Reljuv professionell erstelltes, hübsches und auch erschwingliches Haus, in dem wir uns sehr wohl fühlen. Heute verfügt das EPV zusätzlich über einen Notfallmediziner mit Unterstützung durch zwei Krankenschwestern, eine Notfallstation und damit über ein vollständiges Gesundheitszentrum, das auch an eine Privatklinik in Caazapá für schwerwiegende medizinische Fälle angeschlossen ist. Auch die echte, aktive Prävention durch naturheilkundliche Maßnahmen mit vielfältigen Diagnose- und Therapierichtungen sowie eine Kräuterapotheke mit der Herstellung von pflanzlichen und homöopathischen Tinkturen durch einen weiteren, sehr kompetenten Heilpraktiker hielten so Einzug in unsere Gemeinschaft.
Diesen Begriff Gemeinschaft möchte ich anschließend noch etwas näher beleuchten und auch eine mögliche Erklärung für das Gelingen oder Scheitern einer Lebensgemeinschaft mit so vielen heterogenen Charakteren aufzeigen: Die hier lebenden Menschen sind in der Mehrzahl deutsche oder deutschsprachige Europäer, die mit all ihren Konditionierungen, erlernten oder erworbenen Mustern und Enttäuschungen hier her gelangen. Eine Art Vollkasko-Mentalität, falsche Erwartungen an ein betreutes Wohnen, der eigene Egoismus, eine pessimistische, aber letztendlich doch falsche Erwartungshaltung gegenüber den zu erwartenden hohen Kosten einer guten Infrastruktur waren wohl die Fallstricke zur Enttäuschung und auch der Unzufriedenheit einiger Siedler, die uns bereits wieder verlassen haben.
Um diesen Ansatz verständlicher zu machen, möchte ich das Leben in einer solchen Community mit dem Gelingen einer guten Freundschaft vergleichen – nur wenn jeder der Beteiligten ein klein wenig mehr Entgegenkommen auf allen Ebenen einzubringen imstande und auch willens ist, kann so ein Vorhaben gelingen. Es hat vermutlich mit fehlender Liebe zu sich selbst und anderen zu tun – dies führt dann unweigerlich zu Angst und so scheiterten leider manche eigentlich wohlwollende Auswanderer in der Vergangenheit hier dann oft unnötigerweise.
Andererseits kristallisiert sich dadurch für uns ein immer besseres und einander zugewandtes Kollektiv heraus und damit entstehen auch echte neue Freundschaften, eine Lebensgemeinschaft, getragen durch ein gemeinsames Ziel – das Gelingen eines Lebenstraumes mit friedlichen und fröhlichen, alten und jungen, fleißigen oder wohlhabenden, kompetenten und offenen Menschen gleich welcher Religion oder Weltanschauung. Daran möchten wir gerne weiter mitwirken.“
Uwe und Simone